Algorithmen für die Arbeit mit Robotern in der Schwerelosigkeit getestet
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Im Video: 42. DLR-Parabelflug mit Experiment von der TUM
Die von KINETIK Space, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Technischen Universität München (TUM) durchgeführte RoboGrav-Mission hatte zum Ziel, einen vollständig drehmomentsensorischen Roboterarm mit an der TUM entwickelten kollaborativen Steuerungsalgorithmen unter Mikrogravitationsbedingungen zu testen. Der Roboterarm basiert auf der vom DLR entwickelten Leichtbaurobotertechnologie und ist für Montage- und Wartungsaufgaben im Orbit konzipiert. Die Drehmomentsensoren des Arms ermöglichen eine Impedanzregelung, die eine sichere Interaktion mit der Umgebung ermöglicht. Dieser Regelungsansatz berechnet die Drehmomente in den Gelenken des Roboters proportional zum Positionsfehler. Durch die Vorgabe eines gewünschten Steifigkeitsprofils, welches als Proportionalitätsfaktor genutzt wird, können die auf die Umgebung ausgeübten Kräfte kontrolliert und auf sichere Werte begrenzt werden – ein wichtiger Bestandteil der Weltraumrobotik.
Da eine vollständige Automatisierung in komplexen Montage- oder Wartungsszenarien unrealistisch und ein Rückfallmechanismus für menschliches Eingreifen erforderlich ist, erforscht die TUM im Rahmen des ACOR-Projekts Algorithmen, die einen Menschen bei der Fernsteuerung eines Roboters unterstützen. Über Virtual Fixtures erhält der menschliche Anwender eine haptische Rückmeldung in Form virtueller Kraftfelder, die ihn dabei unterstützt, eine Aufgabe erfolgreich auszuführen. Klassische Implementierungen können zum Beispiel virtuelle Wände simulieren, welche eine abstoßende Kraft erzeugen, wenn der Roboter in sie eindringt. Die von der TUM entwickelte wahrscheinlichkeitsbasierte, multimodale Formulierung berücksichtigt mehrere Eingabequellen, um stets die optimale Vorrichtung auszuwählen.
Im Rahmen des ACOR-Projekts testeten Forschende diese Algorithmen bereits auf der Erde für den Anwendungsfall der Montage von CubeSat-Subsystemen. Die RoboGrav-Mission bot nun die Möglichkeit, die Technologie auch unter 0g-Bedingungen zu bewerten, was sie einer realen Weltraumanwendung sehr viel näherbrachte. Die Mission wurde auch dazu genutzt, die Algorithmen zu erweitern, um die Übergänge zwischen menschlichem Handeln und vollständiger Automatisierung zu modellieren.
Annäherung an Weltraumbedingungen mit einem Parabelflug
Parabelflüge mit dem Airbus A310 Zero-G bieten eine 0g-Phase (± 0,02 g) für etwa 22 Sekunden, eingerahmt von einer Phase der Hypergravitation (1,8 g) vor und nach der Mikrogravitationsphase. Diese Mikrogravitationsphase kann zur Annäherung an die Bedingungen im Weltraum genutzt werden, wo keine Gravitationskräfte wirken. So lässt sich das Verhalten von Robotersteuerungsalgorithmen unter normaler Schwerkraft und Schwerelosigkeit testen, was für die Entwicklung von Raumfahrtanwendungen wichtig ist. Ein ähnliches und vorhersehbares Verhalten unter beiden Bedingungen ermöglicht es, Algorithmen, die auf der Erde entwickelt und getestet wurden, mit Sicherheit auf Weltraumanwendungen zu übertragen.
Das Video zeigt die Phasen einer Parabel, die während des 42. DLR-Parabelfluges durchgeführt wurde. Insgesamt wurden 94 solcher Parabeln durchgeführt, was einer Gesamtversuchszeit von rund 34 Minuten entspricht. Die Szene aus einem kleinen freischwebenden Bereich, den die Forschenden experimentell während einiger Parabeln nutzen konnten, zeigt, dass während der Mikrogravitationsphase ein freies Schweben möglich ist, wie etwa von Astronauten an Bord der ISS bekannt. Diese Mikrogravitationsumgebung nutzen auch Astronauten für das Training und die Vorbereitung von Weltraummissionen.
Das Experiment wurde stets von mindestens einer Person überwacht, um alle Parabeln zu nutzen. Diese drückt zu Beginn der Mikrogravitationsphase den Totmannschalter, um die Bremsen des Roboters zu lösen und das Experiment zu starten. Das Video zeigt einen Teil des Experiments mit menschlicher Interaktion, bei dem eine zweite Person an einer Schnur zieht, die ein ferngesteuertes haptisches Eingabegerät simuliert und somit mit den Virtual Fixtures interagiert. Die Experimente konnten mit einem nominalen Verhalten sowohl des Roboters als auch der von der TUM entwickelten kollaborativen Kontrollalgorithmen abgeschlossen werden. Dies rückt die Anwendung von drehmomentempfindlichen Robotern, die mit fortschrittlichen Kontrollalgorithmen ausgestattet sind, im Weltraum ein gutes Stück näher.